Dani Parthum ist als „Geldfrau“ bekannt: Die Wirtschaftsjournalistin und Ökonomin gründete eine Geldcoaching-Seite speziell für Frauen. Warum das wichtig ist, inwiefern Frauen anders investieren als Männer und was gerade in der derzeitigen Krise wichtig ist, erzählt sie im Interview mit Kryptoszene.de

Hallo Frau Parthum, lassen Sie uns das Interview mal mit einer klischeebelasteten Frage beginnen: sind Frauen schlechtere Investorinnen als Männer?

Nein, auf keinen Fall. Sie sind sogar besser, weil Frauen nicht so rasant unterwegs sind: Männer gehen – pauschal gesprochen – höhere Risiken ein. Frauen gucken sich das erst mal an, sammeln Wissen und erst dann investieren sie. Dann halten sie in der Regel auch länger an den Investments fest. Deshalb sind die Portfolios von Frauen stabiler und renditeträchtiger – da gibt es auch einige Untersuchungen drüber. Aber damit ist für Frauen auch die Hürde, tatsächlich zu investieren, größer.

Warum ist der Wirtschaftsbereich noch immer so männerdominiert?

Frauen waren bis Ende der 70er-Jahre in der BRD finanziell entmündigt: Ehefrauen durften nur einen Beruf ergreifen, wenn das mit ihren ehelichen Pflichten vereinbar war und der Ehemann konnte immer noch den Arbeitsvertrag lösen. Das ist jetzt erst 50 Jahre her und diese monetäre Sozialisation von Frauen ist entmündigend. Das holen wir gerade auf. Ganz praktisch gesehen haben Frauen auch weniger Zeit: Sie haben ihren Job, sie haben ihre Kinder – Untersuchungen zeigen, das 60-70 % des Haushalts und der Kindererziehung immer noch Frauen erledigen. Und die Finanzen fallen dann hinten runter.

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„Frauen betonen tatsächlich eher den Sicherheitsaspekt“

Warum haben Sie die „Geldfrau“ gegründet?

Wer sich um die eigenen Finanzen kümmert, übernimmt Verantwortung für sich selbst. Diese Haltung wurde uns in früheren Jahrzehnten abgesprochen. Ich möchte die Frauen dahin begleiten, sich endlich diesen letzten Part der erwachsenen Haltung anzueignen, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das können wir erst tun, wenn wir unabhängig unser Geld verdienen und eigenständig unser Vermögen aufbauen; das ist die radikalste Form des Feminismus: die finanzielle Eigenständigkeit und Eigenermächtigung. Die Finanzbildung von Frauen – aber auch von Männern – ist schlecht und wird als private Angelegenheit gesehen, obwohl der Staat von uns verlangt, dass wir selbst vorsorgen sollen. Er bildet uns aber dahin gehend nicht. Ich habe in meinen Jahren als Wirtschaftsjournalistin gemerkt, dass ich von Kolleginnen und Kollegen nach den simpelsten Dingen gefragt wurde und auch selbst meinen Vermögensaufbau nur so nebenbei gemacht habe. Da habe ich mir gedacht, da muss sich etwas ändern.

Erleben Sie ein Desinteresse von Frauen an Finanzthemen oder eine große Nachfrage?

Ich erlebe eine ganz große Offenheit dem Thema gegenüber. Es interessieren sich wirklich viele Frauen dafür – ich bekomme viele Coaching-Anfragen und es kommen immer mehr Frauen in meine Online-Tutorials und Seminare. Alle Frauen, die anfangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sagen es mache ihnen Spaß und gebe ihnen Kraft, weil es sie im Leben stützt. Frauen sind stärker, wenn sie ihre eigenen Finanzen in der Hand haben – und das fühlen sie. Deswegen wird das auch weitere Kreise ziehen.

Ist es für Frauen ein Vorteil, von Frauen selbst, statt von Männern beraten zu werden?

Ja, weil wir Frauen eine andere Biografie haben als Männer. Wir arbeiten mehr Teilzeit, haben Unterbrechungen durch Kinder, werden schlechter bezahlt und werden im Arbeitsleben anders behandelt als Männer. Das sind Fakten, die ich auch erlebt habe. Das verbindet auf eine andere Art, weil ich die Probleme von Frauen sofort viel schneller erfassen kann als ein Mann, der sich teilweise gar nicht vorstellen kann, dass Frauen immer noch diskriminiert werden in Deutschland.

Inwiefern verhalten sich Frauen beim Anlegen von Geld anders als Männer?

Frauen betonen tatsächlich eher den Sicherheitsaspekt und legen darauf Wert. Auf der anderen Seite wollen sie aber auch riskant agieren. Außerdem möchten Frauen ihre Geldanlage möglichst simpel und pragmatisch halten.

Nicht alle – aber immer mehr – Frauen fragen nach nachhaltigen Geldanlagen. Viele haben wirklich ein Problem damit, auch in breit gestreute ETFs zu investieren, weil sie dadurch Anlegerinnen an unethisch arbeitenden Unternehmen werden wie Apple, Nestlé oder Waffenhersteller. Es gibt immer mehr Frauen, so meine Beobachtung, die wirklich strikt nachhaltig investieren wollen, bei anderen ist es eine Mischung. Ansonsten sehe ich keine Unterschiede im Investmentverhalten von Frauen und Männern.

„Einfach mal so sein Geld anzulegen, davon halte ich nichts“

Zurzeit wird der Nachteil von Frauen in der Wirtschaft besonders diskutiert, da Frauen besonders von der Corona-Krise betroffen sind. Wie können sich Frauen gerade jetzt in der Krise helfen, wenn sie merken, dass es ihnen wirtschaftlich schlechter geht?

Wenn sie mit Partner:innen zusammenleben, ist es wichtig, das Geldthema offen anzusprechen: Dass ihre Altersvorsorge leidet, wenn sie in Kurzarbeit sind oder generell ihre Selbstständigkeit nicht ausüben können, und wie Partner:innen das abfedern. Das schlimmste ist, wenn Frauen jetzt alle ihre Zahlungen für Rentenversicherungen oder Vermögensaufbau pausieren, weil sie gerade kein Geld verdienen. Das zu verhindern geht nur über Verhandlungen mit den Partner:innen und gemeinsamen Lösungen, wie es weitergeht mit der Rentenversicherung und den Finanzen.

Sollte man jetzt überhaupt Geld anlegen, wenn eine Wirtschaftskrise in aller Munde ist?

Vor dem Investment kommen immer noch drei andere Schritte: Wir müssen wissen, wo unser Geld hinfließt und brauchen stabile Spar-Raten, Schuldenfreiheit und einen Sicherheitspuffer von etwa drei bis fünf Nettomonatsgehältern auf einem Tagesgeldkonto und erst dann investieren wir. Einfach mal so investieren geht in der Regel schief, weil dann die Waschmaschine kaputt geht, oder ich verliere doch meinen Job und dann brauche ich meine Reserven, die aber in Aktien liegen und vielleicht nur mit Verlusten zu verkaufen sind – dann habe ich ein finanzielles Problem. Also, zuerst das Fundament schaffen und dann gern in Krisenzeiten investieren.

Warum gerade dann?

Weil viele wertvolle Aktien günstig stehen. Was wir zurzeit an den Märkten sehen finde ich von außen betrachtet zwar irrational: Die hohen Stände beim DAX und in den weltweiten Indizes sind irritierend und passen nicht zu den Fundamentaldaten vieler Firmen. Dennoch sind in der Regel in Krisenzeiten die Aktienkurse gute Einstiegskurse. Langfristig gesehen ist es immer gut, Aktien zu besitzen.

Dann ist es auch unabhängig vom Sektor?

Sektorinvestments sind speziell. Langfristinvestments sollten generell erst mal breit gestreut sein und erst wenn eine breite Streuung als Basis vorhanden ist, kann man, wenn man sich gut in den Sektoren auskennt, auch punktuell in Sektoren investieren. Einfach mal so sein Geld anzulegen, davon halte ich nichts. Das ist zu riskant und damit ökonomisch unsinnig.

Vielen Dank für das Gespräch

 

Foto: Dani-Parthum @TomSalt

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Steffen Bösweich

Steffen hat Medien, Politik und Kulturwissenschaft studiert und nebenher bereits erste Erfahrungen im Print-, Radio- und Hörfunkjournalismus gesammelt. Nach seinem Studienabschluss hat er seine Journalistenausbildung in einem Verlag für Wirtschaft & Sport absolviert. Dem Wirtschaftsjournalismus ist er auch bei seinen weiteren Tätigkeiten als Redakteur stets treu geblieben und verfügt inzwischen über mehr als zehn Jahre Berufserfahrung.

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