NEO ist auch bekannt als „das Ethereum aus Asien“. Das Unternehmen wurde 2014 gegründet und will, ähnlich wie die Ethereum Foundation, eine Smart Economy schaffen, die mittels Smart Contracts Abläufe automatisiert und diese auf dem verteilten Netzwerk darstellt. John Wang leitet das Neo Ecosystem Growth Team und den Neo Eco Fund. Er erklärt in einem exklusiven Interview mit Kryptoszene.de was Deutschland von dem chinesischen Arbeitsmodell lernen kann und verrät, warum Präsident Xi Jinping die Blockchain-Vorhaben aktiv unterstützt.

Kryptowährungen sind der politischen Führung in China ein Dorn im Auge. Präsident Xi Jinping sprach sich letztes Jahr dann überraschenderweise als Unterstützer für die Blockchain aus. Inwiefern wirkt  sich Jinpings neues Interesse letzten Endes auf die Krypto-Industrie in China aus?

Die chinesische Regierung unterscheidet zwischen der Blockchain-Technologie und Kryptowährungen. Insgesamt sind die chinesischen Regulierungsbehörden offen für neue Ideen, solange sie zum allgemeinen Wohl der Gesellschaft beitragen. Dabei fokussieren sie sich zunächst auf die Blockchain, weil sie damit schnelle Vorteile für die Bürger*innen erzielen können. NEO unterstützt dieses Vorhaben.

Hatten die Aussagen von Präsident Xi Jinping auch einen direkten Effekt auf NEOs Unternehmensaktivität?

Natürlich begrüßten wir seine Kommentare. Wir betrachten sie als einen Segen für uns und die gesamte Blockchain-Welt – und das sowohl innerhalb als auch außerhalb Chinas. Sein Vorhaben hilft unserer Vision einer “Smart Economy” näherzukommen, sowie unsere realen Anwendungsfälle für die Blockchain-Technologie zu entwickeln. Davon profitieren am Ende Otto-Normal-Verbraucher und genauso auch Unternehmen. Mittlerweile sind wir in über acht Communitys auf der ganzen Welt aktiv und daher gewohnt, uns an die Vorschriften verschiedener Länder anzupassen.

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Könnten Sie sich vorstellen, dass China die Blockchain dazu benutzt, die wirtschaftliche Freiheit einzuschränken?

In den letzten Jahren hat sich China dem wirtschaftlichen Aufschwung verschrieben, das heißt, es entwickelte neue Modelle, um nachhaltiges Wachstum zu fördern. Daher glaube ich, dass die chinesische Regierung in erster Linie an den wirtschaftlichen Vorteilen hinter der Blockchain interessiert ist. Dafür stellen sie effiziente Mechanismen bereit und arbeiten an Modellen, die die Reibungskosten reduzieren und Geldwäsche verhindern.

Können Kryptowährungen tatsächlich langfristig erfolgreich in China sein?

Die Blockchain-Technologie in China blüht momentan auf. Die Vorschriften sind sehr klar und eindeutig, und ICOs, die sich ohne Genehmigung an chinesische Kleinanleger wenden, sind verboten. Ansonsten sind die meisten anderen Aktivitäten erlaubt.

Von welchen Denkweisen des chinesischen Modells könnte sich Deutschland hinsichtlich des Krypto-Marktes eine Scheibe abschneiden?

Mit unserer internationalen Community hatte ich das Vergnügen, mehrfach nach Deutschland zu reisen und hatte die Gelegenheit, die deutsche Kultur kennenzulernen. Meiner Erfahrung nach sind die Deutschen recht rigoros und gründlich, was ihnen immer eine verlässliche und qualitativ hochwertige Arbeit generiert. Der chinesische Markt ist dafür allerdings dynamischer und verlangt von den Teilnehmer*innen eine flexible Denkweise, ein ständiges Experimentieren mit neuen Möglichkeiten. Meiner Meinung nach wäre das ideale Arbeitsmodell die deutsche Qualität und Effizienz mit der chinesischen Schnelligkeit und Flexibilität zu verbinden.

Kryptowährung und traditionelle Märkte sind, wie viele andere wirtschaftliche Bereiche, enorm von den Folgen des Corona-Virus betroffen. Bitcoin verlor fast 40 Prozent an Wert. Hat das Virus bisher auch Auswirkungen auf NEO gehabt? Wie gehen Sie mit einer solchen Ausnahmesituation um?

Gegenwärtig hat das Coronavirus unsere Arbeit nicht wesentlich beeinträchtigt. Während viele Blockchain-Veranstaltungen für das erste Halbjahr abgesagt wurden, haben wir über verschiedene Online-Kanäle eine enge Kommunikation mit den Projekten und Communitys unseres Ökosystems aufrechterhalten. 

Wie die Kryptowährung Ripple, ist NEO ziemlich zentralisiert – der Rat verwaltet fast 50 Prozent aller Token. Spricht das nicht gegen die dezentrale Philosophie von Bitcoin?

Seit dem Start unseres Mainnet im Jahr 2016 haben wir gemäß dem Plan unseres Whitepaper über 50 Prozent der Tokens an die Gemeinschaft freigegeben. Wir haben uns verpflichtet, nach und nach weitere Token an die Community herauszugeben, um die Entwicklung und Reifung unseres Ökosystems zu schneller voranzutreiben. Darüber hinaus planen wir, weitere Consensus Nodes hinzuzufügen, sobald Neo3 fertiggestellt ist. Diese sorgen für eine Sicherstellung der Integrität und Konsistenz der verwalteten Daten auf der Blockchains. Generell verhindern Konsensalgorithmen Manipulationen und beispielsweise doppeltes Kassieren von Belohnungen, sowie Transaktionsgebühren durch Miner und Validatoren. Die Nodes stellen fest, dass sich netzwerkweit auf einen Block geeinigt wird. NEO wird zusätzlich zu Swisscom und KPN neue Anreizmechanismen einführen, um vermehrt institutionelle Consensus Nodes anzuziehen.

Glauben Sie, dass die Methode des „Proof of Work“ irgendwann überholt sein wird? Die Aspekte der fehlenden Nachhaltigkeit stehen häufig im Zentrum der Debatten innerhalb der Krypto-Community.

Ich denke nicht. Auf jeden Fall nicht in naher Zukunft. Das hat mehrere Gründe: erstmal wegen der führenden Position von Bitcoin innerhalb der Blockchain-Industrie. Außerdem bieten verschiedene Consensus Nodes-Mechanismen, verschiedene Vorteile, wie die Anwendungen von Proof of Work, Proof of Stake und der Byzantinische Fehlertoleranz (Byzantine Fault Tolerance, BFT). Letzteres zeigt die Zuverlässigkeit eines fehlertoleranten Computersystems.

Welche Blockchain könnten Ihrer Meinung nach miteinander verbunden werden? Wie sehr zielt NEO auf eine Interoperabilität ab?

Ich bin zuversichtlich, dass die Interoperabilität eine Schlüsselrolle bei der zukünftigen Entwicklung von Blockchains spielen wird. Während eines der Ziele von Blockchain darin besteht, die Informationszirkulation zu verbessern, existiert jedes Netzwerk derzeit als sein eigenes Informationssilo. Mit der Cross-Chain-Technologie können wir jedes einzelne Netzwerk verbinden und so die Grundlage für das Internet der nächsten Generation schaffen.

NEO wird häufig als das Ethereum aus Asien beschrieben. Was macht NEO denn eigentlich besser als Ethereum?

Keiner der beiden ist direkt besser – sie sind anders. Da wir uns noch in der frühen Phase der Entwicklung von Blockchain befinden, sollten wir meiner Meinung nach alle zusammenkommen, um das Vorhaben zukünftig voranzutreiben.

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Dana Hajek

Ich bin freie Journalistin, lebe in London und studiere im Erasmus Mundus Master International Journalism, Media and Globalisation. Brennend interessiere ich mich für Zukunftstechnologien, Digitalisierung und (digitale) Trends.

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