Bitcoin ist in El Salvador nicht so beliebt wie ursprünglich gedacht. Das zeigt eine neue Umfrage.
70% ohne Bankkonto, 65% gegen Bitcoin
Geht es nach El Salvadors Präsident Nayib Bukele, so hat das zentralamerikanische Land mit Bitcoin eine Art Heiligen Gral gefunden. Bitcoin werde „Arbeitsplätze schaffen und Tausende Menschen in den formellen Wirtschaftskreislauf integrieren“, glaubt Bukele. 70% der Bevölkerung seines Landes besäßen kein Bankkonto, so der Präsident.
Der 39-Jährige ist deshalb überzeugt: Bitcoin werde „das Leben und die Zukunft von Millionen von Menschen verbessern“. Allerdings scheint sich nun eine Lücke in der Wahrnehmung aufzutun zwischen dem Staatsoberhaupt und seinen rund 6,5 Millionen Bürgern. Einer neuen Umfrage zufolge kommt das Bitcoin-Gesetz nämlich nicht so gut an wie erhofft.
Wie die am Donnerstag veröffentlichte Umfrage unter 1.233 Teilnehmern zeigt, sind mehr als drei Viertel aller Salvadorianer skeptisch gegenüber den Bemühungen, Bitcoin als Währung zu etablieren. Hintergrund: Als erstes Land der Welt hat El Salvador kürzlich Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt und ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht. Händler und Dienstleister sind künftig verpflichtet, auch Bitcoin anzunehmen. Zudem können Bürger ihre Steuern bald digital bezahlen. Ab September wird Bitcoin offiziell Zahlungsmittel. Zuvor hatte El Salvador den US-Dollar als nationale Währung verwendet.
Weniger als 20% begrüßen das Bitcoin-Gesetz
Durchgeführt wurde die Bitcoin-Umfrage in El Salvador vom Meinungsforschungsinstitut Disruptiva. Das Ergebnis: Während 46% sagen, „nichts“ über Bitcoin (zu kaufen bei eToro oder Libertex) zu wissen, betrachten rund 54% der befragten Teilnehmer die Bitcoin-Akzeptanz als „überhaupt nicht richtig“. Weitere 24% beschreiben den Schritt als „nur ein wenig richtig“. Eine große Mehrheit (65%) sagt zudem, sie wäre nicht offen dafür, in Bitcoin bezahlt zu werden. Es finden sich allerdings auch Befürworter: Etwas weniger als 20% der Befragten begrüßen den Krypto-Plan Bukeles.
Oscar Picardo, Leiter des Instituts für Wissenschaft, Technologie und Innovation bei Disruptiva, bezeichnet das Bitcoin-Gesetz als „eine riskante Wette auf die digitale Transformation“. Spannend bleibt auf jeden Fall, wie El Salvadors Krypto-Vorstoß ausgehen wird. Der angesehene Harvard-Ökonom Dani Rodrik kommentiert auf Twitter bearish:
„Ein Land, das in einem verrückten Geldsystem (Dollarisierung) gefangen ist, bewegt sich auf ein noch verrückteres System zu. Es ist schwer, einen Grund zu finden, wie das gut ausgehen könnte.“
A country stuck in a crazy monetary system (dollarization), moves into an even crazier system by making Bitcoin legal tender. Even the second-best theorem doesn’t help me come up with a story as to how this could end well. https://t.co/9Lb1Y7jr5a
— Dani Rodrik (@rodrikdani) June 10, 2021
Und US-Ökonom Steven Hanke bezeichnet das Bitcoin-Gesetz als „Zwangsgeldgesetz“: Ein Lebensmittelladenbesitzer habe beispielsweise keine andere Wahl, als Bitcoin zu akzeptieren (etwas, das Bukele allerdings bereits verneint hat).
Präsident Bukele treibt in der Zwischenzeit die Installation großer Vulkan-Bitcoin-Mining-Farmen im Land voran. Die könnten Berechnungen zufolge rund 1.800 Bitcoins pro Monat generieren – das entspricht zu aktuellen Preisen rund 750 Millionen Dollar Mehreinnahmen pro Jahr.