Das österreichische Start-up Autowhale feiert bald sein einjähriges Jubiläum. Als Market Maker möchte das Unternehmen zum Finanzdienstleister in der Krypto-Branche werden. CEO Thomas Pratter spricht in einem exklusiven Interview mit Kryptoszene.de über den Bitcoin-Crash 2018, gefälschte Handelsvolumina & Rankings und warum Österreich die Chancen im Krypto-Space nicht so nutzt, wie andere Länder.

Herr Pratter, werden Staaten und Finanzinstitute zukünftig auf eine dezentrale, nicht von ihnen kontrollierte Währung setzen?

Das ist realistisch nicht denkbar. Banken und Staaten werden nicht einfach so die Macht abgeben und das Spielfeld einer von ihnen nicht kontrollierbaren Kryptowährung überlassen.

Bedeutet das, ein Leben ohne konventionelle Banken wäre eine Illusion?

Vermutlich schon. Konventionelle Banken haben seit je her eine wichtige Rolle gespielt und werden das auch weiterhin tun. Speziell neue Banken, wie Revolut oder Monzo, spezialisieren sich ja genau darauf, Kunden neue Tools zu bieten, sodass beim Normalverbraucher gar nicht erst das Bedürfnis aufkommt zu einer Alternative zu wechseln.

Haben Kryptowährungen also keine realistische Chance, anerkanntes Zahlungsmittel zu werden?

Bitcoin & Co werden eher die Rolle einer Art Global Reserve Currency einnehmen. Das kann natürlich nur unter der Voraussetzung funktionieren, wenn aktuelle Herausforderungen wie Scalability und Usability gelöst werden. Dann können Staaten mit einer instabilen Währung jederzeit auf Kryptos als alternatives stabiles Zahlungsmittel zurückgreifen und generell wird es für Menschen, die Wert darauf legen finanzielle Freiheit zu genießen einfacher, Kryptos zu verwenden. 

Könnten Sie ein Beispiel für nützliche Digitalwährungen der Zukunft nennen?

Utility Tokens werden beispielsweise weiterhin eine Rolle spielen und „under the hood“ als Währung in Videospielen oder Apps ihren Platz finden. Security Tokens könnten für bereits existierende Finanzprodukte spannend sein, wenn sie denn regulatorisch global durchschaubar werden. Den Hype dahingehend teile ich allerdings nicht wirklich.

Lassen Sie uns über Ihr Unternehmen reden. Was macht Autowhale interessant für Investoren?

Wir haben mit u4.ai zum ersten Mal in der Geschichte eine solide und transparente Plattform entwickelt, mit der User ihre Kryptowährungen auf Basis einer zuverlässigen und vertrauenswürdigen Ranking-Methodology tracken können. u4.ai ist ein Produkt von Autowhale und passt daher perfekt in unser Ökosystem von liquiditätsorientierten Diensten, zu denen auch Market Making und andere Exchange (Trading-) Softwares gehören.

Autowhale ist ein junges Start-up. Bietet Österreich eine attraktive Anlaufstelle für Gründungen wie Ihre?

Als Jungunternehmer kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass viele Dinge  – wie die Unternehmensgründung – viel zu kompliziert sind und zu lange dauern. Im Fall von Autowhale war das über einen Monat. Das ist verglichen zu Estland beispielsweise, eine halbe Ewigkeit.

Macht das Österreich international weniger wettbewerbsfähig?

Steuerlich zählt Österreich definitiv zu den Hochsteuer-Ländern, was logischerweise die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich zu Ländern mit niedrigen Steuern, deutlich verschlechtert. Positiv ist, dass man schnell und unkompliziert zu Beratungen kommen kann, wie beispielsweise bei der Wirtschaftskammer.

Berichten des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) zufolge, wächst die Wirtschaft Österreichs langsam. Steht das Land kurz vor einer Rezession?

Das lässt sich schwer bis gar nicht vorhersagen und hängt von der Definition von „kurz“ ab. Jedoch die Tatsache, dass wir seit der Krise 2008 einen massiven Anstieg im gesamten Kapitalmarkt gesehen haben, ist klarerweise ein Indikator, dass wir wohl eher am höheren Ende eines bull-cycles sind. Wann das wieder nach unten geht, kann keiner seriös vorhersagen. Aber die Phrase „Nothing goes up forever“ sollte man sich gerade jetzt im Kopf behalten. Wie oft behauptet wird, ist eine Rezession übrigens nichts Schlechtes, sondern sogar notwendig um den Markt zu bereinigen.

Wie steht es um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs in Bezug auf Kryptowährungen und Blockchain?

Österreich hinkt doch hinterher. Es gibt viele traditionelle Firmen, die sich das Buzzword „Blockchain“ auf die Fahnen schreiben, aber richtig innovative Projekte sind eher selten zu finden. Alles in allem, wettbewerbsfähig ja, jedoch von einem Vorreiter weit entfernt.

Wie bewerten Sie den Hype um die Blockchain-Technologie?

Blockchain ist mittlerweile ein sehr inflationär gebrauchter Begriff. Auf Veranstaltungen sehe ich häufiger „Dampfplauder“-Unternehmen, die sich mit Begriffen wie Blockchain, IOT oder Industrie 4.0 schmücken. Viel dahinter ist meistens nicht. Blockchain sehe ich vordergründig als Technologie für Geldtransfers, bei denen größere Summen über Staaten hinweg getätigt werden können. Vorreiter sind Bitcoin und Forks von Bitcoin.

Der Krypto-Währungsmarkt wird viel weniger reguliert und ist deutlich volatiler als der Fiat-Investmentmarkt. Auf was für Probleme stoßen wir dabei?

Eine große Problematik ist das künstliche Erzeugen von Handelsvolumen (Fake Volume) und gefälschten Rankings von Kryptobörsen. Es gibt kaum eine Exchange, die von dieser Praxis nachweisbar Abstand nimmt. Warum? Sie publizieren falsche Zahlen, um sich im Vergleich zu Konkurrenten besser zu positionieren.

Wie wirkt sich das auf den Handel mit Kryptowährungen aus?

Das Handelsvolumen von Kryptowährungen wie Bitcoin, Litecoin oder Ethereum ist hoch genug, um keinen großen Schaden davon zu tragen. Für Altcoins bedeutet das allerdings, dass der Markt liquide erscheint, dabei in Realität illiquide ist.

Könnten Sie ein Beispiel für ein gefaktes Volumen geben?

Coin Market Cap ist der bekannteste Bitcoin-Tracking-Service der Branche. Auf einmal kam raus, dass sie fast ausschließlich gefälschte Volumenstatistiken hosteten. Das täuschte Anleger und erhöhte das Ansehen betroffener Coins. Seit dem ist das Vertrauen in die Daten von CMC drastisch gefallen und der Wert der Altcoins in den Keller gerauscht. Es war wie eine Kettenreaktion. Ein Crash führte zum nächsten. Auch einer der Gründe warum der Bitcoin-Crash 2017/2018  stattgefunden hat – und noch immer anhält.

Wer erfährt dabei ernsthafte Konsequenzen?

Firmen, die einen Token haben. Wenn die Liquidität weg ist, resultiert es im Markt-Sterben. Manche Token haben bis zu 99 % an Wert verloren. Wenn dein Produkt auf einem Token basiert, der essentiell ist, um das Produkt zu verwenden, dann ist dein Produkt tot. Das Problem bei den Exchange Scams ist, dass nicht nur die Firmen darunter gelitten haben, sondern die ganze Branche bekam einen negativen Ruf. Viele Leute wurden abgeschreckt.

Was brauchen wir, um Kryptowährungen zu einem nachhaltigen Wirtschaftsfaktor zu machen?

Damit der Kryptomarkt zu einem regulierten Finanzdienstleister werden kann, brauchen wir ein reguliertes Gewerbe. Stichwort: Market Making. Das, was wir von Autowhale machen wollen. Market Maker kommen traditionell aus dem Aktienbereich. Sie kaufen und verkaufen Wertpapiere für einen kurzen Zeitraum, um das Risiko der Anlage zu übernehmen. Das ist legal und wird dabei von Finanzinstitutionen hoch reguliert. Autowhale ist gerade eher Software Provider als Market Maker, weil es genau an diesen Regulierungen in der Krypto-Welt fehlt. Wenn das ganze irgendwann auf einer stabilen Basis steht, würde mich das sehr freuen.

Möchten Sie abschließend noch einen Ratschlag an die Krypto-Community weitergeben?

Besser Vorsicht, als Nachsicht.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Pratter!

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Christian Becker

Christian Becker ist Journalist von Beruf, seit ein paar Jahren ist er aber spezialisiert auf Kryptowährungen und Kursanalysen von Aktien bei Kryptoszene.de tätig. Er hat hauptberuflich bei IsarGold GmbH als Journalist und Analyst gearbeitet und schrieb auch regelmäßig für Kryptoszene.de, indem er Charts von Kryptowährungen und Aktien analysierte. Im März 2020 entschloss er sich weiterhin freiberuflich aber in Vollzeit bei Kryptoszene.de anzufangen und ist bis jetzt als einer der Hauptautoren und Redakteuren hier tätig.

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