In den letzten Wochen und Monaten wurde viel über das Libra Potential diskutiert. Insbesondere von europäischer Seite wurde immer häufiger das Argument genannt, dass man den „Datenkraken“ nicht auch noch die Hoheit über das Geld überlassen könne (insbesondere Facebook wird ein großer Einfluss attestiert, wenngleich die Libra Association aus unzähligen Mitgliedern besteht). Bei all den Argumentationen geriet jedoch häufig die außen- und wirtschaftspolitische Makro-Perspektive ins Hintertreffen. Ist der Libra Coin die westliche Strategie oder gar das Trojanische Pferd in dem „Kampf der Kulturen“, wie ihn Samuel P. Huntington seinerzeit voraussah?
Wer in den Libra Coin investieren möchte, investiert vor allem in den Westen
Der Libra Coin ist als Stable Coin konzipiert. Dadurch sollen eklatante Kursschwankungen ausgeschlossen werden. Damit ist offenkundig, dass der sogenannte Facebook Coin wenig mit Bitcoin oder Bitcoin Cash gemein hat. Stattdessen hätte Libra einen Gegenwert, der aus einem Währungskorb besteht. Zudem seien auch Staatsanleihen der jeweiligen Nationen inkludiert. Der Währungskorb setzt sich folgendermaßen zusammen, wie die Libra Association gegenüber dem „Spiegel“ bekanntgab:
- 50 Prozent US-Dollar
- 18 Prozent Euro
- 14 Prozent Yen (Japan)
- 11 Prozent Britisches Pfund
- 7 Prozent Singapur Dollar
Libra Potential vielleicht nur auf dem Papier, Einführung umstritten
Konkret bedeutet dies, dass der US-Dollar überrepräsentiert ist. Aus deutscher bzw. europäischer Perspektive kann dies durchaus kritisch betrachtet werden. Allerdings ist dies nur eine Lesart. Man kann von den USA halten, was man möchte; allerdings steht ohne jeden Zweifel fest, dass es hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten weitaus mehr Parallelen mit den USA, als mit China gibt. Der Riese aus dem Osten wiederum könnte dem Westen schon bald den Rang ablaufen: zumindest dann, wenn die hiesigen Staats-Lenker keine China Strategie entwickeln. Das Libra Coin Potential ist größer, als gemeinhin angenommen wird, zumindest unter Berücksichtigung von geopolitischen Erwägungen. Er könnte „den Westen“ stärken und als machtpolitisches Bollwerk dienen. Ob dies gewünscht ist, und ob bei Libra pro und kontra die Pro-Argumente überwiegen, steht freilich auf einem anderen Blatt Papier. Noch kann man kein Libra kaufen, und der politische Gegenwind macht deutlich, dass es keine Gewissheit dafür gibt, dass die Kryptowährung tatsächlich das Licht der Welt erblickt. Bleibt zu hoffen, dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden!