Zwei Jahre Gefängnis, 20 Millionen Dollar Schulden und eine Firmenpleite: Unternehmer Kim Ryu Hyun bezahlte einen hohen Preis für seinen Erfolg. Durch einen spekulativen Börsengang stand er kurz vor dem Ruin. Doch er gewann seine finanzielle Freiheit zurück, gekauft mit Bitcoins.
2004 war das Jahr, in dem die Welt von Unternehmer Kim Ryu Hyun fast unterging. Seine Telco Hycom Data Communication Inc., die zur Jahrtausendwende ein Viertel der Südkoreaner*innen mit Internet versorgt haben soll, wurde durch die Folgen einer unausgereiften Börseneinführung vernichtet. Kim Ryu Hyun musste sich vor dem südkoreanischen Gericht für den geschäftlichen Misserfolg verantworten und ging mit 20 Millionen Dollar Steuerschulden zwei Jahre ins Gefängnis.
Infolge des Insolvenzverfahrens konnte Kim 15 Millionen Dollar der Schulden begleichen, ein Schuldenberg von fünf Millionen Dollar blieb. “Der Betrag wuchs täglich,” sagt er. Trotz fortlaufenden Zahlungen wäre er nicht einmal imstande gewesen, die Zinsen zu decken. Und aufgrund der hohen Summe durfte er auch kein Bankkonto eröffnen. “Ich war zehn Jahre lang bankenlos,” sagt er. Hatten ihn die Firmenschulden komplett ins Verderben geritten?
„Es ist wahrhaftig revolutionär“
Der Unternehmer musste einen Weg finden, um sich aus der Patsche zu helfen: Kryptowährungen? “Ich musste irgendwie Geld senden und erhalten können,” so Kim. Die digitale Währung schien die einzige Option. Dabei blieb der ausgebildete Programmierer zunächst jedoch skeptisch. “2015 hab ich das erste Mal von Bitcoin gehört, dachte damals, das wäre alles Betrug,” sagt er. Er konnte sich nicht erklären, wie das dezentrale System hinter Bitcoins legal möglich sein sollte. Tagelang vertiefte Kim sich in die Coding-Aspekte und las Nakamotos Whitepaper. Schnell entdeckte er das Potenzial hinter dem System: “Es ist wahrhaftig revolutionär”.
Er beschloss, sein eigenes Bitcoin Wallet zu generieren, investierte und erhielt die Bezahlungen für seine Arbeit im Consulting-Bereich von seinen Klienten in Bitcoin. Und versendete auch ausschließlich die Cyberwährung. “Mit Bitcoins konnte ich meine finanzielle Freiheit zurückgewinnen,” sagt er. Weil es gut lief und Kim Ryu Hyun immer mehr dazulernte, startete er sein eigenes kleines Consulting-Unternehmen.
„Ein Fehler, der Bitcoin seine Zukunft kosten könnte“
Wenig später entdeckte er jedoch die ersten technischen Probleme mit der digitalen Währung. Denn Bitcoins Transaktionen seien zu langsam und zu teuer. “Bitcoin funktioniert nicht als elektronisches Geldsystem, höchstens als digitales Gold,” sagt er. Außerdem ginge die vollständige Blockvergütung, Belohnung für das Mining, an die Miner, während Entwickler und Mining-Pool-Operatoren leer ausgingen. Das Proof-of-Work Prinzip machte dem Entwickler Sorgen: “Ich entdeckte ein schweres Nachhaltigkeitsproblem,” sagt Kim, “ein Fehler, der Bitcoin seine Zukunft kosten könnte”.
Doch der koreanische Unternehmer ließ sich davon nicht entmutigen. Warum das Problem dabei belassen, wenn man es auch lösen könnte? Er dachte an Stable Coins, jedoch hätten die bisher auch nicht das erreicht, was sie versprachen. “Stable Coins haben meistens eine viel zu hohe US-Dollarbindung,” sagt Kim, “sie sind genauso wie Fiat-Geld und würden niemals eine Finanzkrise überleben”.
So versuchte er, das Bitcoin-Defizit mit Xank in den Griff zu bekommen, seiner eigens entwickelten Kryptowährung. Sie funktioniere wie Bitcoin, eine frei schwebende Währung mit Investitionswert, schneller Transaktion, gleichwohl aber wie Stable Coins, nicht schwankungsintensiv und weniger anfällig für einen Marktabschwung. Xank verabschiede sich vom Geschäft mit hoch volatilen Kryptowährungen, das bekanntlich risikoreiche Spiel mit dem Feuer.
Die Idee war da. Doch noch rollte der digitale Rubel nicht. Südkorea, das Breitband-Paradies, hätte einer der Hotspots für Kryptowährungen werden können. Die Realität sah leider anders aus. Strenge regulatorische Stellschrauben ließen Spekulationen mit Digitalwährungen nicht länger dulden. “Es war wie eine Limbo Situation,” sagt Kim, “Kryptowährungen galten hier nicht als digitale Anleihen oder Digitalwährungen, sondern waren absolut illegal”.
„Gegenwärtige Finanzsysteme sind von schlechter Geldpolitik, Korruption und Inflation geplagt“
So im Winter 2017: Wegen der scharfen Regeln in seinem Heimatland, entschied sich Kim Ryu Hyun für eine internationale Firmengründung und eine e-residency, eine virtuelle Staatsbürgerschaft, in einem anderen Land. Sein Firmensitz hieß: Estland. In der kryptofreundlichen Republik gründete er eine Geschäftseinheit und tüftelte an Xank aus der Ferne. “Ich versuchte etwas zu kreieren,” sagt er, “eine dezentrale Währung, die auch zukünftig dezentral bleibt”. Bitcoin sei beispielsweise wieder zentralisiert, da nur wenige Menschen fast alle Bitcoins besäßen.
Zu Banken hat Kim mittlerweile ein gespaltenes Verhältnis entwickelt: Er lehne gegenwärtige Finanzsysteme der Welt ab. Sie seien von schlechter Geldpolitik, Korruption und Inflation geplagt. Seit er bankenlos wurde, träumte er davon, ein Währungssystem, frei von Zentralbanken, zu entwickeln. Eine grenzenlose, dezentralisierte und meritokratisch kontrollierte Kryptowährung, die als stabile Geldform allen Menschen auf der Welt dienen soll.
Auch, wenn vor seinem inneren Auge noch ein undeutliches Bild abspiele, bliebe “eine dezentralisierte Finanzwelt unsere einzige Zukunft”. Denn so erlangte Kim Ryu Hyun seine finanzielle Unabhängigkeit, gekauft mit Bitcoins.