Klaus Gabriel ist Geschäftsführer des Vereins zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage „Corporate Responsibility Interface Center (CRIC)“, berät als selbstständiger Unternehmer institutionelle Investoren und bietet Trainings und Lehrgänge zum Thema Geld und Ethik an. Im Interview mit Kryptoszene.de erzählt er, was bei ethischen Geldanlagen zu beachten ist, wie diese im Vergleich zu anderen Anlagen wirtschaftlich abschneiden und woran man sich orientieren kann, um ethisch Geld anzulegen.

Hallo Herr Gabriel, warum sollte man in ethische Geldanlagen investieren?

Es bietet den Investoren vor allem die Möglichkeit, dadurch auch einen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. Unser Verständnis von nachhaltigem Investment ist es, bereits an dieser Stelle zu schauen, welche Auswirkungen eine Investition auf die Gesellschaft und Umwelt hat.

Seit einigen Jahren kommt eine zweite Sichtweise dazu, die nicht so sehr von den ethischen Überlegungen getrieben ist, sondern eher das damit verbundene finanzielle Risiko im Blick hat: Schaute man bisher, welche Auswirkungen wirtschaftliche Aktivitäten auf Gesellschaft und Umwelt haben, achten viele Investierende jetzt darauf wie sich zum Beispiel der Klimawandel auf den Geschäftserfolg von Unternehmen auswirkt. Diese Sichtweise hat mittlerweile stark um sich gegriffen, weil man erkannt hat, dass diese Risiken nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Finanzstabilität insgesamt bedeutsam sein können.

Also hat es auch einen wirtschaftlichen Vorteil, nachhaltig zu investieren?

Genau, jetzt ist es die Sichtweise „tue Gutes und verdiene daran“, ist per se ja auch nichts moralisch Verwerfliches. Uns von CRIC ist es aber wichtig darauf hinzuweisen, dass es zwar erfreulich ist, wenn man nachhaltig investiert und das auch für den Geschäftserfolg positiv ist und man damit Rendite machen kann. Aber es kann auch Situationen geben, in denen man auf Rendite verzichten muss, um das Richtige zu tun und verantwortlich in Hinblick auf Umwelt und Gesellschaft zu handeln.

Schneiden ethische Anlagen generell schlechter ab als solche, die nicht unbedingt ethisch vertretbar sind?

Bei klassischen Investmentfonds zeigen Studien, dass nachhaltige Fonds gegenüber konventionellen Fonds nicht automatisch schlechter abschneiden. Einige Studien zeigen sogar, dass nachhaltige Fonds besser abschneiden können. Es gibt auch Studien, die nachweisen, dass sich nachhaltige Fonds besser durch die aktuelle Corona-Krise gerettet haben als nicht nachhaltige Fonds.

„Wenn der Gewinn zu Lasten von Menschen oder unter massiver Schädigung der Umwelt entsteht, dann ist das unmoralisch.“

Woran erkennt man eine ethische Geldanlage?

Eine ethische Geldanlage bedeutet, dass man sich Gedanken darüber macht, wie die Gewinnerwirtschaftung erfolgt. Wenn der Gewinn zu Lasten von Menschen oder unter massiver Schädigung der Umwelt entsteht, dann ist es unmoralisch. Da muss man sich aber immer genau überlegen, welche Handlungen eines Unternehmens tatsächlich unmoralisch sind. Ab wann fängt zum Beispiel die Ausbeutung von Menschen an? Was ist aus ethischer Perspektive ein angemessenes Gehalt? Investoren müssen sich darüber Gedanken machen, wo ihre Grenzlinien verlaufen, das dementsprechend in Kriterien umwandeln und danach Investments auswählen.

 Woran kann man sich bei den Kriterien orientieren?

Die deutschen Kirchen haben zum Beispiel Leitlinien für nachhaltiges Investment herausgegeben. Es gibt auch Gütesiegel; in Deutschland zum Beispiel das FNG-Siegel und in Österreich das Umweltzeichen 49. Das sind Hilfsmittel, an denen man sich schon grob orientieren kann. Letztlich liegt die Verantwortung aber bei dem oder der Investierenden, sich selbst zu fragen: Was ist für mich ein nachhaltiges oder ethisches Investment?

Pharmaunternehmen zum Beispiel können lebenswichtige Medikamente herstellen und auch vergünstigt in ärmere Länder verkaufen, aber eben auch Medikamentenforschung nur für reiche Menschen betreiben und Tierversuche durchführen, deren Sinnhaftigkeit anzuzweifeln ist. Da muss man als Investor:in abwägen und sich fragen: Was wiegt für mich mehr?

Wenn ich mich als einzelne:r Investor:in nun für Green Investments interessiere, wo kann ich anfangen?

Gerade in Deutschland gibt es mittlerweile viele Spezialbanken, die ausschließlich nachhaltiges Investment anbieten. Dort kann man sich auch sehr gut und umfassend beraten lassen. Bei Weitem nicht in allen Banken sind die Mitarbeiter:innen in der Lage, gut zu diesem Thema zu beraten. Oft fehlt es an der dafür erforderlichen Ausbildung, die nicht nur ein technisches Wissen, sondern vor allem auch eine spezifische Nachhaltigkeitskompetenz erfordert. Andere Institute wiederum bereiten ihre Leute derzeit darauf vor, künftig eine gute Beratung leisten zu können. Nicht ganz freiwillig: Auf regulatorischer Ebene kommen diesbezüglich bald größere Veränderungen auf die Finanzwirtschaft zu.

Eine weitere Möglichkeit für Investor:innen besteht darin, sich über die bereits existierenden Gütesiegel und Labels schlau zu machen und diese zur Grundlage eines weiteren Auswahlprozesses zu machen.

„Gerade in Bezug auf Klimawandel merkt man schon, dass hier künftig viel Geld reinfließen wird.“

Gibt es einen Unterschied zwischen ethischen und nachhaltigen Geldanlagen?

Die Begriffe werden stark vermischt. Ethik meint eigentlich einen Reflexionsprozess: Man denkt über die Richtigkeit und Gerechtigkeit von etwas nach und kommt dann zu einem Urteil. Das Urteil könnte dann sein, dass Nachhaltigkeit ethisch richtig ist. Deshalb werden diese Begriffe oft miteinander oder synonym verwendet. Die deutschen Kirchen zum Beispiel verwenden den Begriff „ethisch-nachhaltiges Investment“, weil man damit ausdrücken will, dass es ein nachhaltiges Investment ist und die Art und Weise der Nachhaltigkeit nochmals reflektiert wird.

In welchen Sektor lohnt es sich derzeit besonders, ethisch zu investieren?

Gerade in Bezug auf Klimawandel merkt man schon, dass hier künftig viel Geld reinfließen wird. Jene Geschäftszweige, die darauf ausgerichtet sind, Klimawandel zu vermeiden oder die Folgen des Klimawandels zu mildern, können vermutlich davon profitieren. Es ist auch absehbar, dass die Europäische Kommission und davon abgeleitet die nationalen Regierungen Programme auflegen werden, damit vermehrt Geld in Klimaschutzmaßnahmen fließen wird und damit wird die gesamte Branche stark beflügelt. Das kann für nachhaltige Investments positiv sein. Wie für alle Investments gilt aber auch für nachhaltige Investments, dass sie den normalen Anlagerisiken unterliegen.

Vielen Dank für das Gespräch

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Steffen Bösweich

Steffen hat Medien, Politik und Kulturwissenschaft studiert und nebenher bereits erste Erfahrungen im Print-, Radio- und Hörfunkjournalismus gesammelt. Nach seinem Studienabschluss hat er seine Journalistenausbildung in einem Verlag für Wirtschaft & Sport absolviert. Dem Wirtschaftsjournalismus ist er auch bei seinen weiteren Tätigkeiten als Redakteur stets treu geblieben und verfügt inzwischen über mehr als zehn Jahre Berufserfahrung.

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