- US-Senat verabschiedet erstmals umfassende Stablecoin-Regulierung
- GENIUS Act setzt klare Anforderungen an Emittenten
- Was geschieht nun mit Tether?
- Europa mit MiCA-Regulierung auf parallelem Kurs
Mit dem GENIUS Act legt der US-Senat erstmals einen umfassenden gesetzlichen Rahmen für Stablecoins vor. Das stellt den Status quo von Tether, USDC und Ripple infrage und stellt die Weichen für die nächste Phase digitaler Finanzinfrastrukturen. Welche regulatorischen Vorgaben der GENIUS Act enthält, warum dieser als „historisch“ gilt und welche strategischen Umbrüche nun auf etablierte wie neue Marktteilnehmer zukommen.
Stablecoins als Fundament eines digitalen Finanzsystems
Stablecoins haben sich in den letzten Jahren gewissermaßen zum Rückrat des Kryptomarkts entwickelt. Diese an eine Fiat-Währung (meist den US-Dollar) gekoppelten Token ermöglichen es, schnell und ohne Banken zwischen Krypto-Assets zu wechseln, ohne den Umweg zurück in nationale Währungen machen zu müssen. Für Trader sind sie daher ein essentielles Werkzeug zur Arbitrage und zum Zwischenparken von Kapital.
Der Markt für Stablecoins ist in den letzten Jahren rasant gewachsen. Laut den Daten von DefiLLama beträgt die aktuelle Marktkapitalisierung der Stablecoins rund 250 Milliarden US-Dollar, Tendenz steigend. Angeführt wird die Liste der Stablecoins mit 62 Prozent von Tether (USDT), danach USDC, gefolgt von Projekten wie DAI oder BUSD.
Vor diesem Hintergrund war es nur eine Frage der Zeit, wann sich das Augenmerk von Regulatoren und Großinvestoren verstärkt auf Stablecoins konzentriert.
Der GENIUS Act
Der Gesetzentwurf GENIUS Act („Guiding and Establishing National Innovation for U.S. Stablecoins Act“) zielt darauf ab, erstmals einen klaren gesetzlichen Rahmen für Stablecoins zu schaffen. Am 17. Juni 2025 passierte dieser Entwurf den US-Senat mit überparteilicher Mehrheit (68-30 Stimmen) – das erste Mal überhaupt, dass eine umfassende Krypto-Gesetzgebung eine Kammer des Kongresses passiert hat.
Doch bevor der GENIUS Act Gesetz wird, muss er noch das Repräsentantenhaus passieren, aber die Chancen stehen gut, da führende Abgeordnete das Gesetz unterstützen.
Thank you, @realDonaldTrump @POTUS. https://t.co/lG2l5Vlo8D pic.twitter.com/P8fmsr6xgI
— Senator Bill Hagerty (@SenatorHagerty) June 19, 2025
Was bewirkt das Gesetz?
Neben den Deckungsanforderungen verlangt der GENIUS Act eine monatliche Offenlegung der Reservezusammensetzung, klare Einlöseregeln und jährliche Audits für Stablecoins mit großer Verbreitung. Ergänzt wird das Paket durch strenge Auflagen zur Geldwäscheprävention, Sanktions-Compliance und die Fähigkeit, verdächtige Token bei Bedarf einzufrieren.
Stablecoins mit Zinsversprechen sollen künftig verboten sein. Damit soll verhindert werden, dass sie in Konkurrenz zu Banken treten oder sich als Schattenbanken etablieren. Gleichzeitig untersagt das Gesetz großen Tech-Konzernen wie Meta oder Amazon, ohne Genehmigung eigene Stablecoins zu emittieren. Das war wohl die Lehre aus dem gescheiterten Diem-Projekt von Facebook.
Einschätzung zum GENIUS Act
In der Krypto-Branche stößt der Gesetzesentwurf überwiegend auf Zustimmung. Die Branche bewertet den GENIUS Act größtenteils positiv als überfällige Regulierungs-Klarheit. Vertreter von Krypto-Lobbyverbänden nennen die Verabschiedung einen “historischen Schritt nach vorn“ und erwarten, dass das Gesetz Innovation fördert und die USA im Wettbewerb um Krypto-Innovationen stärkt.
Sollte das Gesetz in Kraft treten, müssten sich allerdings einige etablierte Stablecoin-Anbieter strategisch neu aufstellen. Tether (USDT) etwa, der mit Abstand größte Stablecoin, ist derzeit von einem Unternehmen mit Sitz in Hongkong/El Salvador herausgegeben und fällt nicht unter US-Aufsicht. Der GENIUS Act würde aber auch ausländische Stablecoin-Emittenten erfassen, sobald diese US-Kunden bedienen. Nicht konforme Anbieter könnten dabei von US-Börsen delistet und vom US-Markt abgeschnitten werden. Das wäre für Tether ein Problem, da bislang unklar ist, ob und wie das Unternehmen die strikten Auflagen erfüllen könnte.
Auf der anderen Seite könnten Konkurrenten wie Circle (Emittent von USDC) und möglicherweise Ripple (das über seine Plattform ebenfalls an USD-Stablecoins arbeitet) könnten von dem regulatorischen Vertrauensbonus profitieren. Circle hat seinen USDC bereits freiwillig möglichst transparent gestaltet und dürfte ein lizenzierter Emittent werden wollen. Mit dem Gesetz in der Hand könnte Circle sein Geschäftsmodell (Stablecoin als offizielles Zahlungsinstrument) noch offensiver ausrollen.
Ripple wiederum hat im April 2023 in einem Pilotprojekt einen Stablecoin (RLUSD) entwickelt. Der GENIUS Act würde hierfür klare Regeln bieten.
Nicht zu vergessen jedoch, dass nur noch regulierte Stablecoins emittiert werden dürfen, was letztlich den Big Playern in die Hände spielt, die über Compliance und Kapital verfügen, während dezentralere oder im Graubereich operierende Projekte es schwer hätten.
Der Kampf um Marktanteile beginnt
Kurzfristig könnte es zu einem „Stablecoin-Showdown“ zwischen USDT und USDC kommen. Investoren und Börsen dürften sich zunehmend an regulatorischen Vorgaben orientieren und Kapital in konforme Assets umschichten. Das könnte Tether unter Druck setzen oder sogar Marktanteile kosten.
Langfristig könnte eine solide Stablecoin-Regulierung durch den GENIUS Act aber einen Boom auslösen: Globale Konzerne experimentieren bereits mit eigenen Stablecoins, was nun deutlich einfacher würde.
So plant etwa Société Générale, eine große französische Bank, einen an den Dollar gebundenen Stablecoin über ihre Krypto-Tochter auszugeben.
🚨 LANCEMENT STABLECOIN : La Société Générale 🇫🇷 frappe un grand coup ! 💵
La banque devient la première au monde à lancer un stablecoin dollar (USDCV) à travers sa filiale crypto SG Forge.
La SG dame ainsi le pion à la Deutsche Bank !
Selon BFMTV, le jeton USDCV sera… pic.twitter.com/r9XvFCbY6v
— MoneyRadar Crypto (@MRadarCrypto) June 10, 2025
Die US-Handelsriesen Walmart und Amazon haben laut Wall Street Journal entsprechende Pilotprojekte evaluiert. Man stelle sich die Kundenbindung durch beispielsweise einen “Amazon-Coin“ vor, der dank klarer Regulierung das Licht der Welt erblicken dürfte.
PayPal hat bereits im August 2023 Fakten geschaffen und mit PYUSD den ersten großen BigTech-Stablecoin auf Dollarbasis gestartet, mittlerweile ist der Paypal-Stablecoin bereits unter den Top 10 Stablecoins nach Marktvolumen. Dieser wird aktuell treuhänderisch verwaltet und dürfte den GENIUS-Vorgaben weitgehend entsprechen.
Und in Europa? MiCA-Verordnung!
Parallel dazu hat die Europäische Union mit der MiCA-Verordnung ebenfalls einen regulatorischen Rahmen für Stablecoins geschaffen. Tether hat infolgedessen bereits Produkte in Europa einstellen müssen.
Fazit zum GENIUS Act: Schluss mit Grauzonen
Der GENIUS Act steht exemplarisch für das Ende der Wildwest-Phase bei Stablecoins. Er schafft verbindliche Regeln, erhöht die Sicherheit für Nutzer und ermöglicht seriösen Emittenten den Eintritt in einen regulierten Massenmarkt.
Sollte USDT tatsächlich gezwungen sein, transparenter zu werden oder Marktanteile an regulierte Alternativen abzugeben, könnte dies kurzfristig Turbulenzen bringen, aber langfristig Vertrauen schaffen. Große Zahlungsdienstleister wie Visa, Mastercard oder sogar Zentralbanken (Stichwort CBDCs) verfolgen aufmerksam, wie sich privatwirtschaftliche Stablecoins entwickeln.
Das GENIUS-Gesetz könnte hier für alle Beteiligten klare Leitplanken setzen und Stablecoins endgültig im Mainstream ankommen lassen.
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