Um es gleich vorweg zu nehmen: Nein. Das Geheimnis ist nicht gelüftet. Weiterhin wissen wir nichts über die Identität Satoshi Nakamotos, der Gruppe oder Person, die den Bitcoin erfunden hat. Aber beginnen wir noch mal Vorn:
Vor rund drei Wochen erreichte ein Tweet weltweite Aufmerksamkeit, der versprach, das Rätsel um Nakamoto zu lüften. Der Tweet verlinkte die Webseite gotsatoshi.com. „Where in the world is Satoshi?“ („Wo in aller Welt ist Satoshi?“), stand auf der Webseite, darunter zählte ein Countdown langsam auf Null. Gestern dann war es so weit: Der Vorhang wurde gelüftet.
„Greetings, everyone. My name is Satoshi.“
Ein merkwürdig steifer, männlicher Avatar blickt uns an, dramatische Dudelmusik ertönt aus dem Off. „Greetings, everyone. My name is Satoshi“, sagt das komische Männchen mechanisch. So beginnt das Video, das seit gestern an stelle des Countdowns auf der Seite zu finden ist.
Dass die Stimme nicht dem echten Satoshi gehört, geht aus dem Video schnell hervor. Der Avatar stellt sich uns als „Künstliche Intelligenz“ vor, er sei der Nachrichten-CvD eines Mediendienstes Namens PAI News. Er (oder es?) faselt ein bisschen vom Bitcoin-Erfolg und seiner großen Bedeutung, um dann das nächste, nun ja, „Wunderwerk“ vorzustellen. „Wir sind alle Satoshi“, sagt er noch, dann endet der Clip. Direkt unter dem Video ist die Webseite painews.com deutlich sichtbar verlinkt.
Kurzum: der neue Satoshi verkauft uns Fidget-Spinner für Falcon 9-Heavy-Raketen. Ein Marketing-Gag. Es schien ja auch wenig wahrscheinlich, dass sich die Entität Satoshi Nakamoto, die sich seit zehn Jahren hartnäckig bedeckt hält, plötzlich obercool und pathetisch der Öffentlichkeit präsentiert. Hinter dem Anschlag auf den guten Geschmack steckt das Unternehmen ObEN aus Pasadena, Kalifornien. ObEN entwickelt Avatare auf der Blockchain, die ihren Vorbildern entfernt ähnlich sehen. Benutzer sollen die Avatare auf viele Weisen manipulieren können, um so „Content“ zu erstellen, wie es ihn „niemals zuvor gegeben hat“. Obendrein liefert die App offenbar einen Newsfeed zum Kryptowährungen-Markt. Hurra!
Aufgebrachte Reaktionen auf Twitter, schlechte Bewertungen
Sicher hatte das Unternehmen gehofft, auf diese Weise zu einer breiten Nutzerbasis zu finden. Ob es da mal sein Publikum nicht unterschätzt. Dass das reichlich aufgebracht ist, enthüllen die ersten Reaktionen auf Twitter, man kann sie sich denken. Auf YouTube zählt der Clip erst ein paar Tausend Views, 30 Daumen zeigen nach oben, 700 nach unten. Auch die Apps erhalten schlechte Bewertungen.
Die Kommentarfunktion haben die Macher auf YouTube vorsorglich deaktiviert. Womöglich die einzig kluge Entscheidung bei diesem Marketing-Stunt. Das PAI News-Männchen aus dem Computer reiht sich ein in die ehrlose Riege derer, die mit dem Namen Satoshis ihr Schindluder treiben.