Henning Jauernig ist Wirtschaftsjournalist beim Spiegel und Autor des Buches „Young Money Guide“. Im Interview mit Kryptoszene.de spricht er darüber, warum sich die Investition in Aktien lohnt und wie man damit am besten anfängt.

Hallo Herr Jauernig, Sie sind 29, haben bereits den „Young Money“-Blog bei Spiegel.de ins Leben gerufen und ein Buch zu dem Thema veröffentlicht. Wann und wodurch haben Sie ein Interesse an diesem Thema entwickelt?

Das war eine Welt, die mich sehr früh fasziniert hat: Schon im Kindesalter habe ich in Tageszeitungen gerne den Finanzteil gelesen und verfolgt, wie sich Aktien entwickeln.
Kurz bevor ich mein Abitur gemacht habe, brach die große Finanzkrise von 2008 aus. Das war für mich keine Abschreckung, sondern eher eine gute Gelegenheit, um einen günstigen Einstieg in den Aktienmarkt zu finden. Gleichwohl fiel es mir damals schwer, mich als junger Mensch über Geldanlage zu informieren. Viele Texte waren sehr kompliziert. So entwickelte ich die Motivation, das zukünftig besser zu erklären und jungen Menschen den Einstieg in das Thema zu erleichtern.

„Das A und O ist einfach dauerhaft investiert zu sein“

Sie haben nun schon zwei große Finanzkrisen erlebt. Können Sie verstehen, wenn junge Menschen da kein Vertrauen mehr in die Aktienmärkte haben?

Ja, stimmt: Wenn man sich die vergangenen 30 Jahre anschaut, kommt etwa alle zehn Jahre ein großer Crash. Doch wer alle Krisen mitnimmt und langfristig dabeibleibt, hat am Ende immer noch eine positive Rendite. Zwischen dem Ende der Finanzkrise und dem Start des Coronacrashes haben sich die Kurse ungefähr verdreifacht. Und jetzt wenige Monate nach dem Ausbruch der Coronakrise sind wir schon wieder auf Rekordhöhen. Das heißt, kurzfristige Krisen gehören dazu und die muss man aushalten können, aber man darf dann nicht den großen Fehler machen und in der Krise aus Panik alles zu verkaufen. Kurzfristig in Aktien zu investieren ist keine gute Idee.

Würden Sie also eher dazu raten, gerade jetzt in den Aktienmarkt einzusteigen?

Grundsätzlich ist immer der richtige Zeitpunkt, in Aktien zu investieren. Egal in welchem Zustand die Weltwirtschaft ist. Viele Studien zeigen, dass es für Privatanleger unmöglich ist, den genau richtigen Zeitpunkt zu treffen. Ich würde mich deshalb von Krisen gar nicht so verrückt machen lassen. Junge Anleger können auch monatlich Geld per Sparplan investieren. Dann ist der Einstiegszeitpunkt gar nicht mehr so wichtig.

Die Gefahr ist vielmehr, auf den richtigen Einstiegszeitpunkt zu warten. Denn wenn ich jetzt den richtigen Zeitpunkt verpasst habe, und zehn Jahre weiterlebe, ohne Geld investiert zu haben, dann erziele ich keine Rendite. Das A und O ist einfach dauerhaft investiert zu sein.

Unabhängig von den weltwirtschaftlichen Umständen – wann ist der beste persönliche Zeitpunkt, mit Investitionen anzufangen?

So früh wie möglich! Auch das zeigen Studien: Je länger man dabei ist, desto besser. Dann habe ich eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine gute Rendite erzielt zu haben.
Am besten ist es natürlich, wenn schon die Eltern ein Depot für ihre Kinder anlegen, das sie später mal übernehmen können. Aber natürlich kann man nicht von jeder Familie erwarten, dass sie dafür die Mittel hat. Ich würde aber allen raten, so früh wie möglich damit anzufangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, etwa Bücher und Blogs zu lesen.
Andersherum heißt das nicht, dass man in einem höheren Alter schon den Zeitpunkt verpasst hat. Auch wer 50 Jahre alt ist, hat noch genug Zeit, um in Aktien zu investieren.

„Einsteiger kommen um ETFs nicht herum“

Sollte man also die 100 Euro, die man noch auf dem Konto hat, tatsächlich gleich in Aktien investieren?

Kommt darauf an: Wenn ich die hundert Euro nicht in meinem Alltag brauche, dann kann ich das durchaus machen. Wenn dieses Geld mein Spargroschen ist, dann würde ich aber nicht den Großteil in Aktien investieren, sondern einen Teil als auf einem sicheren Tagesgeldkonto verwahren, wo ich immer an das Geld herankomme. Da rechnet man mit einer Reserve von ungefähr drei Nettomonatsgehältern. Damit bin ich abgesichert, falls etwa die Spülmaschine kaputtgeht und kann das überschüssige Geld anlegen. Wichtig ist: Man sollte nie Geld am Aktienmarkt investieren, das man im alltäglichen Leben braucht! Auf dieses Geld sollte man für Jahre nicht zugreifen müssen.

Was wären dann konkrete Schritte für Menschen, die dieses Geld haben, aber sich mit dem Anlegen nicht auskennen oder viel beschäftigen wollen?

Einsteiger kommen um ETFs nicht herum. Das sind Indexfonds, die computergesteuert Geld in einen Korb von Aktien investieren. Unzählige Studien zeigen, dass menschliche Fondsmanager, der die besten Aktien aussucht und dafür Geld verlangt, keine bessere Rendite erzielt als die Indexfonds. Also kann ich als Privatanleger gleich den ganzen Index kaufen und mein Risiko über viele tausend Unternehmen und die ganze Weltwirtschaft streuen. Dann muss ich auch keine Geschäftsberichte lesen und mich nicht mit einzelnen Aktien herumschlagen, denn das ist sehr zeitaufwendig und verursacht hohe Kosten.

Außerdem ist es wichtig, einfach loszulegen und nicht Stunden, Wochen und Monate in die Suche nach dem perfekten ETF zu investieren. Das Portfolio umbauen kann man später immer noch, aber wer sich auf der Suche nach den besten ETFs verzettelt und doch nichts investiert, hat nichts gewonnen.

 

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Steffen Bösweich

Steffen hat Medien, Politik und Kulturwissenschaft studiert und nebenher bereits erste Erfahrungen im Print-, Radio- und Hörfunkjournalismus gesammelt. Nach seinem Studienabschluss hat er seine Journalistenausbildung in einem Verlag für Wirtschaft & Sport absolviert. Dem Wirtschaftsjournalismus ist er auch bei seinen weiteren Tätigkeiten als Redakteur stets treu geblieben und verfügt inzwischen über mehr als zehn Jahre Berufserfahrung.

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